FEBRUAR 2022 - „Sehr zweckmäßige Vorkehrungen getroffen“ oder kein Käse bei Cholera

Wer Spannendes zu lesen wünscht, greift nicht zuerst zum Amtsblatt. King Kong und Konsorten sind keine juristischen oder natürlichen Personen im Sinne amtlicher Verlautbarungen.

Spannend sind Amtsblätter während Krisenzeiten. So die Amtsblätter der königlichen Regierung zu Erfurt der Jahrgänge 1831 und 1832. Die sind die Archivalien des Monats.

Diese Amtsblätter erschienen alle zwei Wochen und wurden später zu Jahresbänden gebunden. Damals wie heute verkündeten die Amtsblätter „Verordnungen und Bekanntmachungen“ sowie Suchmeldungen der Polizei und auch „Vermischte Nachrichten“. Von 1816 bis 1945 gehörten der Mühlhäuser und Langensalzer Kreis zu Preußen.

Was ist nun das Aufregende an den Amtsblättern der Jahrgänge 1831 und 1832?

Im Sommer 1831 erreichte die Cholera Preußen. Die Seuche war zuerst in Ostindien aufgetaucht. Infizierte leiden an wässrigem „Reiswasser“-Durchfall und sterben unter den Qualen der Dehydrierung. Wer mal einen Sonnenstich hatte, weiß, was gemeint ist. Die Wahrscheinlichkeit, an Cholera zu sterben, liegt bei 20 bis 70 Prozent. Der Erreger gelangte über den wässrigen Stuhl der Erkrankten ins Grund- und Trinkwasser. Aber das wusste man in den 1830er-Jahren noch nicht. Bekannt war aber, dass ein Mensch den anderen anstecken konnte. Man vermutete eine Ansteckung durch Berührung der Kranken oder deren Kleidung und durch Einatmen der „ausströmenden Ausdünstungen“ Kranker.

Die Deckersche Geheime Ober-Hofdruckerei in Berlin druckte 1832 im Auftrag der preußischen Regierung eine mehrseitige „Anleitung zum zweckmäßigen Verhalten bei der Cholera“. Diese Anleitung wurde an die Kommunen verteilt.

Empfohlen wurde eine gesunde Lebensführung und Ernährung, die den Symptomen im Magen-Darm-Trakt entgegenwirken sollte. So sollte man je Tag mindestens eine Stunde Bewegung an frischer Luft bekommen und bestimmte Speisen meiden, wie rohes Obst und Gemüse, fette Mehlspeisen, zähe Klöße, hartes und fettes Fleisch, fette Fische, alten scharfen fetten Käse oder hart gekochte Eier. Nicht getrunken werden sollte „ junges, nicht gehörig ausgegorenes, oder altes sauer gewordenes Bier“ ebenso saurer Wein und Weinschorle.

Konkrete Empfehlungen gegen Ansteckung lauteten unter anderem: „Man vermeide den Besuch solcher Orte, wo ein großer Zusammenfluß unbekannter Personen stattfindet und eine nahe Berührung mit denselben nicht zu vermeiden ist, man achte auf den Verkehr, den Hausbewohner, Dienstleute, Lehrlinge u.s.w. außer dem Hause treiben, und beobachte eine gewisse Zurückhaltung gegen Personen, die von Haus zu Haus gehen, mit vielen Unbekannten in Berührung kommen.“

Weiter unten heißt es: „Es versteht sich, daß die von den Behörden zur Verminderung der Gefahr der Uebertragung der Krankheit angeordneten Sicherheitsmaaßregeln gewissenhaft befolgt und unterstützt werden.“

Und unter anderem: „Mehrmaliges tägliches Waschen, wenn auch nur des Gesichts und der Hände, wird eine sehr nützliche Vorsichtsmaaßregel sein.“

Staatliche Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Cholera waren: Desinfektion, Absonderung der Kranken, Kontaktnachverfolgung von Reisenden sowie von deren Gepäck und deren Tiere, wie Reitpferden oder Vieh zum Verkaufen. Dazu wurden Transportwege gesperrt und Großveranstaltungen wie Messen und Märkte abgesagt. Bei Torgau wurde sogar die Elbe gesperrt.

Die Verordnungen zur Bekämpfung der Seuche wurden im Amtsblatt eingeleitet mit Ortsangaben, wo die Seuche ausgebrochen war. So kann der Weg der Cholera bis heute nachverfolgt werden: Königsberg, Danzig, Berlin, Magdeburg, Erfurt und ab Anfang August 1882 auch Mühlhausen, Langensalza und in den Dörfern der beiden Alt-Kreise. Im Kreis Mühlhausen waren zuerst die Kreisstadt betroffen sowie die Dörfer Bollstedt und Felchta. Alle Angaben stammen aus den ermittelten amtlichen Bekanntmachungen.

Zum Vergrößern bitte anklicken...So lesen wir im Amtsblatt der königlichen Regierung zu Erfurt vom 25. August 1832 unter der Rubrik Verordnungen und Bekanntmachungen der [königlich preußischen] Regierung:

„Wir bringen zur Kenntnis des Publikums, daß in Mühlhausen mehrere Krankheits- und Sterbefälle vorgekommen sind, welche nach den ärztlichen Untersuchungen der Cholera zugeschrieben werden müssen. Bis zum 16ten dieses Monats waren in genannter Stadt erkrankt 27, gestorben 9, genesen 5, an Bestand verblieben 13 (…) Außerdem waren im Kreise Mühlhausen in den Dörfern Bollstedt 3 erkrankt, 2 gestorben 1 genesen, in Felchta 1 erkrankt, 1 gestorben.

Die Orts-Gesundheitskommissionen sind in Thätigkeit getreten, und haben, besonders in der Stadt Mühlhausen, sehr zweckmäßige Vorkehrungen getroffen.“

Wie es weiter ging mit der Cholera in den Kreisen Langensalza und Mühlhausen und was den Bürgern von Mühlhausen als erstes einfiel zu tun, als die Seuche sich näherte, das kann gern im Kreisarchiv und Stadtarchiv herausgefunden werden. Auf Grund der aktuellen Pandemie, vereinbaren Sie bitte einen Termin.

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